Worum geht es?

Internet-Service-Provider haften, je nachdem, welche Dienste sie anbieten, unterschiedlich für Rechtsverletzungen. Ihre Tätigkeit ist nach Paragraph 10 Telemediengesetz grundsätzlich haftungsprivilegiert, d.h. “Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich.”

Die E-Commerce Richtlinie aus dem Jahr 2000 unterscheidet Content-, Access-, und Host-Provider und normiert deren “Haftungsbefreiungsvoraussetzungen” (Providerhaftung).

  • Content-Provider stellen auf ihren Plattformen eigenen Inhalt ein, ihnen steht daher keine Haftungsbefreiung zu.
  • Access-Provider übermitteln Daten. Ändern oder speichern Access-Provider die Daten nicht oder nur kurz, so trifft sie keine Haftung und sie behalten ihr Befreiungsprivileg.
  • Host-Provider bieten Speicherplatz für fremde Inhalte an. Sie haften für eine Rechtsverletzung, wenn sie von dieser Kenntnis hatten bzw. auf ihren Plattformen rechtswidrig eingestellte Inhalte nicht sofort sperren.

Für die heute relevanten Diensteanbieter steht jedoch nicht mehr das Vermieten von Speicherplatz, sondern das wirtschaftliche Ausnutzen von eingestellten Inhalten im Vordergrund. Insofern ist die im Telemediengesetz verankerte Haftungsprivilegierung für jede Art von Dienst nicht mehr zeitgemäß. Sie sollte überarbeitet werden.

Aus unserer Sicht darf eine Haftungsprivilegierung künftig nur noch für Dienste gelten, die sich auf das Speichern fremder Inhalte beschränken. Eine Haftungsprivilegierung ist nicht mehr gerechtfertigt, sobald sich der Geschäftszweck eines Host-Providers auf die Vermarktung kreativer Inhalte erstreckt und er an deren Verwertung wirtschaftlich partizipiert.

Die GEMA befürwortet das im Koalitionsvertrag festgeschriebene Ziel der Bundesregierung, Host-Provider, die systematische Rechtsverletzungen ermöglichen und damit in Konkurrenz zu lizenzierten Content-Providern treten, künftig stärker für die über ihre Plattformen verbreiteten Inhalte in die Verantwortung nehmen zu wollen. Auch der Vorschlag, dass auf Seiten mit eindeutig urheberrechtsverletzenden Inhalten legal keine Werbeeinnahmen generiert werden dürfen, wird von der GEMA ausdrücklich unterstützt.

 

WAS SAGT DER KOALITIONSVERTRAG DAZU?

 Zur Providerhaftung heißt es im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD:

Wir wollen das Urheberrecht den Erfordernissen und Herausforderungen des digitalen Zeitalters anpassen. Dabei werden digitale Nutzungspraktiken berücksichtigt. Ziel muss ein gerechter Ausgleich der Interessen von Urhebern, Verwertern und Nutzern sein. Damit der Wert kreativer Leistungen stärker in den Mittelpunkt der Urheberrechtsdebatte rückt, muss das Bewusstsein für den Wert geistigen Eigentums in der Gesellschaft gestärkt werden. Die Koalition will deshalb entsprechende Maßnahmen unterstützen.

Zum effektiveren Schutz von Markeninhabern, Urhebern und anderen Kreativen vor Rechtsverletzungen im weltweiten digitalen Netz, streben wir den Ausbau verbindlicher europäischer und internationaler Vereinbarungen an. Alle Maßnahmen zum Schutz geistigen Eigentums müssen verhältnismäßig sein. Als wesentlichen Beitrag zum Schutz der Verbraucher und zur Eindämmung von massenhaften Rechtsverletzungen sehen wir die Diensteanbieter im Internet stärker in der Verantwortung.

Wir wollen die Rechtsdurchsetzung insbesondere gegenüber Plattformen verbessern, deren Geschäftsmodell im Wesentlichen auf der Verletzung von Urheberrechten aufbaut. Wir werden dafür sorgen, dass sich solche Diensteanbieter nicht länger auf das Haftungsprivileg, das sie als sogenannte Hostprovider genießen, zurückziehen können und insbesondere keine Werbeeinnahmen mehr erhalten.

 

Bei der Providerhaftung sehen Wir Handlungsbedarf:

  • Maßnahmen zum Schutz geistigen Eigentums müssen verhältnismäßig sein und dürfen die Bürgerinnen und Bürger in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und das Fernmeldegeheimnis nicht unverhältnismäßig beschränken.
  • In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die GEMA eine Verfolgung und Kriminalisierung privater Nutzer stets abgelehnt hat und stattdessen dafür eintritt, die kommerziellen Plattformen und Diensteanbieter stärker in die Pflicht zu nehmen.
  • Hier fehlt es aber an einer wirksamen rechtlichen Handhabe gegenüber solchen Anbietern, deren Geschäftsmodelle auf der systematischen Verwertung unlizenzierter Inhalte basieren.
  • Der Gesetzgeber hat die Auslegung der Haftungsprivilegierungen bei der Neufassung des Telemedienrechts im Telemediengesetz im März 2007 ausdrücklich der Klärung der Rechtsprechung überlassen. Die hierzu seitdem ergangenen Entscheidungen sind kaum überschaubar und differieren in ihren Anforderungen an Prüfungs- und Kontrollpflichten im Internet sowie in der Abgrenzung zwischen eigenen und privilegierten fremden Inhalten erheblich.
  • Hier bedarf es gesetzgeberischen Tätigwerdens, da die heute relevanten Serviceanbieter nichts mehr mit den von der E-Commerce Richtlinie ursprünglich erfassten Anbietern von Speicherplatz (Hostprovidern) gemein haben. Es steht nicht mehr das Vermieten von Speicherplatz, sondern das wirtschaftliche Ausnutzen von eingestellten Inhalten im Vordergrund.
  • Die Regelungen des Telemediengesetzes, die auf den Artikeln 12-15 der aus dem Jahr 2000 stammenden E-Commerce-Richtlinie beruhen, sind insofern nicht mehr zeitgemäß.

 

Aktuelle Blogbeiträge und Nachrichten zum Thema finden Sie hier: #Providerhaftung

 

Weiterführende Links

Stellungnahme der GEMA zum Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Telemediengesetzes vom 7.4.2015

Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Telemediengesetzes

 

Redebeiträge im Rahmen der 938. Sitzung am 6.11.2015 im Bundesrat, TOP 30, 440/15 Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Telemediengesetzes:

Malu Dreyer, Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz

Peter Friedrich, Minister für Bundesrat, Europa und internationale Angelegenheiten des Landes Baden-Württemberg

Wolfgang Tiefensee, Minister für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft des Landes Thüringen

Franz-Josef Mersch-Lense, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien im Geschäftsbereich der Ministerpräsidentin und Chef der Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen

 

Redebeiträge zum TMG in der 173. Sitzung des Deutschen Bundestages am 2.6.2016, Tagesordnungspunkt 7 – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Telemediengesetzes ab Seite 17056D:

Plenarprotokoll 18/173, Stenografischer Bericht der 173. Sitzung des Deutschen Bundestages