10117 Berlin

10117 Berlin – Gedanken aus dem Regierungsviertel #4

10117 ist die Postleitzahl für Berlin-Mitte. Dazu gehört das Regierungsviertel. Das Berliner Büro der GEMA befindet sich in der Reinhardtstraße. Hier starten die 400 Meter-Interviews für unseren Marathon mit der Politik und finden viele unserer Veranstaltungen statt. Das Büro ist der Ausgangspunkt für den Austausch mit der Politik, wenn es um die Anliegen der Musikurheberinnen und -urheber geht. Wir beobachten, agieren und reagieren. Die Kolumne „10117 Berlin – Gedanken aus dem Regierungsviertel“ erscheint jeweils zum Ende einer Sitzungswoche der 19. Wahlperiode.

2017-2018

Über 100 Tage sind seit der Bundestagswahl im September vergangen. Nicht nur das Internet ist politisch gesehen Neuland. Jamaika wäre es ebenso gewesen. Nach einem wenig romantischen Ausflug Richtung Dreier-Regierungskonstellation ist man nun wieder in bekannten GroKo-Gefilden unterwegs. Was aber nichts heißen soll. Kaum jemand in 10117 Berlin ist dieser Tage bereit, eine Wette auf den Ausgang zu platzieren. „Mal gucken, welche Eier wir zu Ostern finden werden“, heißt es.

Während bei den Verhandlerinnen und Verhandlern Geschäftigkeit herrscht, mag es anderen Politikern vorkommen als warteten sie seit der konstituierenden Sitzung im Oktober 2017 auf Godot. Was tun im Deutschen Bundestag, wenn es keine ständigen Ausschüsse gibt? Seit dieser Woche hat das Warten ein Ende: Alle Fraktionen haben am 16. Januar einstimmig beschlossen, 23 ständige Ausschüsse einzurichten. Es sind dieselben, wie bereits in der letzten Legislaturperiode. Politisch gesehen keine Überraschung. Lediglich mehr Abgeordnete müssen auf die Ausschüsse verteilt werden.

Randnotiz: Der Ausschuss Digitale Agenda hat drei Mitglieder mehr als der Kultur- und Medienausschuss. Und – explizit erwähnt – er soll jeweils bei “Fragestellungen des Internets und der digitalen Agenda in der Regel mitberatend tätig werden”. In der letzten Legislaturperiode waren es bei Kultur noch zwei Abgeordnete mehr als bei der Digitalpolitik.

Dies die Theorie. Wie die Ausschüsse mit politischem Leben gefüllt werden, entscheidet sich in der nächsten Sitzungswoche, also ab dem 29. Januar. Dann erst stehen die Vorsitzenden und deren Stellvertreter offiziell fest, ebenso Mitglieder und Stellvertreter.

Habemus Sondierungspapier #2

Wie bereits bei Jamaika, ist das GroKo-Sondierungspapier öffentlich. Auf 28 Seiten wurden erneut die möglichen politischen Leitlinien für die nächsten Jahre verankert. Ob und wie es weitergeht liegt zunächst an der SPD: Am 21. Januar stimmen die Delegierten auf dem Parteitag über die Zukunft des “#-tags” GroKo ab.

Interessant aus Sicht der Kultur- und Kreativwirtschaft: Auf Seite 18 findet man im Sondierungspapier immerhin den nicht weiter konkretisierten Hinweis:

Eine moderne Gesellschaft braucht modernes Recht in den Bereichen (…) Urheberrecht.

Seite 27 – kurz bevor es abschließend um die Arbeitsweise geht – widmet sich etwas ausführlicher dem Bereich Kunst, Kultur und Medien. Geplant ist u.a.:

eine Stärkung der Kultur- und Kreativwirtschaft und die Erweiterung der Innovations- und Außenwirtschaftsförderung sowie die Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für künstlerisches und kreatives Schaffen im Urheberrecht.

Weil es diejenigen braucht, die Kunst und Kultur schaffen, erarbeiten wir weitere Lösungen für die besondere soziale Schutzbedürftigkeit von Künstlern und Kreativen.

Sofern Koalitionsverhandlungen kommen, kann das eine kleine, aber ausbaufähige Grundlage sein für eine Politik, die die Belange der Kulturschaffenden ernst nimmt und entsprechend berücksichtigt.

Wahlkampf ist Poesie, Regieren Prosa

Vorschläge, wie man die Situation der Urheberinnen und Urheber verbessern kann, hat die GEMA bereits in den Anliegen der Musikurheberinnen und -urheber für die 19. Wahlperiode des Deutschen Bundestages formuliert. Im Kern geht es um faire Spielregeln für das digitale Zeitalter.

Die Digitalisierung schreitet in einem exponentiellen Wachstumsprozess voran und verändert unsere Gesellschaft. Sie hat die Zugangs- und Verwertungswege von Kunst und Kultur in wenigen Jahren grundlegend verändert. In allen Kultursparten wächst die Gefahr einer Entwertung des geistigen Eigentums. Wo in der analogen Welt Grenzen gezogen werden, muss es auch in der digitalen Welt Regeln geben, welche die Rechte der Urheber schützen. Die Frage nach der Gerechtigkeit im Netz und den ethischen Grundsätzen stellt sich aktuell immer wieder neu. Als Teil der Musikwirtschaft gestaltet die GEMA den technologischen und kulturellen Wandel in der Musiknutzung mit. Dies umfasst nicht nur Fragen der Rechteverwertung/Lizenzierung, sondern schließt den gesellschaftlichen Diskurs ein.

Handlungsbedarf gibt es vor allem in folgenden Bereichen:

  • Verantwortlichkeit von Online-Plattformen
    Online-Plattformen, die wirtschaftlich von der Verwertung kreativer Inhalte profitieren, müssen in die Pflicht genommen werden, die Schöpfer der von ihnen genutzten Werke an den Erträgen zu beteiligen.
  • Kollektive Rechtewahrnehmung: Follow-up zum VGG
    Um eine effiziente Rechtewahrnehmung im Interesse von Rechteinhabern und Rechtenutzern zu gewährleisten, sollte eine hinreichende personelle Ausstattung der Schiedsstelle beim DPMA sichergestellt werden. Darüber hinaus sollte im Laufe der kommenden Legislaturperiode evaluiert werden, inwieweit sich die Regelungen des neuen VGG in der Praxis bewähren.
  • Urheberrechtliche Klarstellung des Begriffs der Öffentlichkeit
    Der im Urheberrecht zentrale Begriff der Öffentlichkeit muss wieder in Einklang mit internationalen Abkommen gebracht werden.
  • Digitalisierung als Querschnittsaufgabe
    Eine zukunftsweisende Politik ist gehalten,  in allen Politikfeldern  einen zukunftsfähigen Rahmen für die aktuellen Fragen der Digitalisierung herzustellen.
  • Sicherung des kulturellen Auftrags der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten
    Eine Umsetzung des kulturellen Auftrags der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten schließt eine entsprechende finanzielle Ausstattung und faire Vergütung für die Nutzung von Musik ein.

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