3 Fragen an… Tobias Reitz zu KI
Tobias Reitz, wie sind Sie musikalisch tätig?
Ich bin hauptberuflicher Textdichter mit Schwerpunkt Schlager. Seit 2008 kann ich davon leben. Seit 2018 bin ich Gesellschafter eines Indie-Labels. Ich kann mir außerdem Toplines ausdenken, Demos einsingen und erschütternd schlecht Gitarre spielen. Meine musikalische Ausdrucksform ist hauptsächlich das Wort.
Ich unterrichte Songtexten und berufsmusikalische Inhalte an Orten wie der Celler Schule, dem Popkurs Hamburg oder dem Nordkolleg Rendsburg und spiele Improtheater in einem Düsseldorfer Ensemble.
Sind Sie im Rahmen Ihres musikalischen Schaffens mit KI in Berührung gekommen? Wenn ja, wie?
Ich hab’s versucht und fand’s zwei Stunden lang reizvoll. Danach hatte sich “Songtexten mit ChatGPT” fürs Erste auserzählt, weil nur noch Klischees kamen und die Texte sich anfühlten wie sonst die “Schlager kann ich auch”-Einsendungen von Leuten, die das Genre im Grunde verachten.
Stattdessen hab ich ChatGPT dann gebeten, einen Nachruf auf mich zu schreiben. Das las sich… interessant.
Eine Stunde später fragte ich: “Wer ist Tobias Reitz?”
Antwort: “Tobias Reitz war ein deutscher Liedtexter.”
Nach einer Stunde war ich also tot.
ChatGPT, wir werden womöglich keine Freunde mehr.
Künstliche Intelligenz – Chance oder Risiko?
Es gibt wohl kein Thema, das uns so verunsichert wie die Generative KI. Seit sie am Start ist, drehen sich alle neuen berufspolitischen Fragen um sie. Das Problem ist: Ich habe selbst kaum Antworten. Auch ich bin unsicher.
Im Moment liefert die KI keine brauchbaren, hochwertigen, klugen oder emotionalisierenden Songtexte. Aber was passiert, wenn wir drei, vier Generationen weiter sind?
Ich schließe mich der KI-Charta der GEMA ausdrücklich an, insbesondere der Forderung nach ethischer Verantwortung.
Tobias Reitz, Textdichter, ist Mitglied des Aufsichtsrats der GEMA.
Foto: Ben Knabe