Eurobarometer-Umfrage zum grenzüberschreitenden Zugriff auf Online-Inhalte
Während die europäische Debatte über die Modernisierung des Urheberrechts seit Monaten lautstark geführt wird, hat die Europäische Kommission im August eher still und leise eine Eurobarometer-Umfrage zum „grenzüberschreitenden Zugriff auf Online-Inhalte“ veröffentlicht, die bei genauerer Betrachtung einige interessante Ergebnisse bereithält.
Musik ist der beliebteste Online-Inhalt
Insgesamt wurden 26.586 Personen aus den 28 EU-Mitgliedstaaten telefonisch befragt. Aus der Umfrage geht zunächst hervor, dass Musik der beliebteste Inhalt ist, auf den Internetnutzer in Europa und Deutschland online zugreifen – noch vor Filmen, Serien, Games, Sport und E-Books. 60% aller Befragten gaben an, das Internet für den Zugriff auf Musik zu nutzen.
Noch weitaus interessanter sind die Zahlen zum eigentlichen Thema der Umfrage – dem grenzüberschreitenden Zugriff auf Online-Inhalte und der sog. Portabilität von Online-Diensten (d.h. der Möglichkeit, auf einen im Inland abonnierten Dienst aus dem EU-Ausland zuzugreifen).
Die Nachfrage nach grenzüberschreitenden Online-Inhalten hält sich bisher in Grenzen
Laut Eurobarometer haben europaweit nur 8 % der Befragten überhaupt versucht, auf Inhalte von einem Online-Dienst zuzugreifen, der sich primär an Nutzer in einem anderen EU-Mitgliedstaat richtet. Die große Mehrheit von 89% der Befragten hat dies hingegen nicht versucht.
Für Deutschland fallen die entsprechenden Zahlen noch extremer aus. So haben beispielsweise nur jeweils 2% der in Deutschland befragten Personen versucht, auf audioviselle Inhalte oder Sportprogramme über einen Online-Dienst zuzugreifen, der sich primär an Nutzer in einem anderen EU-Mitgliedstaat richtet.
Ein ähnliches Bild zeigt sich beim Thema Portabilität: Von den befragten Europäern, die ein Abonnement für einen Online-Dienst besitzen, haben 75% noch nie versucht, aus dem EU-Ausland darauf zuzugreifen. Weitere 10% gaben an, dass der Zugang aus dem EU-Ausland perfekt funktioniere. 7% der Befragten berichteten von Problemen.
Die Eurobarometer-Zahlen stehen in einem Missverhältnis zur Urheberrechtsdebatte
Um an dieser Stelle keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Die Tatsache, dass die Europäer bisher nur in sehr überschaubarem Maße grenzüberschreitend auf Online-Inhalte zugreifen, heißt nicht, dass dieser Zustand wünschenswert wäre oder so bleiben muss. Die GEMA arbeitet selbst intensiv an neuen Lösungen, um die europaweite Lizenzierung im Online-Bereich zu vereinfachen.
Gleichzeitig werfen die Eurobarometer-Zahlen ein Schlaglicht auf die relativ geringe Bedeutung, die Themen wie Portabilität oder „cross-border access“ im Alltag der meisten Europäer spielen. Die Ergebnisse der Umfrage stehen daher auch in einem Missverhältnis zu den teilweise drastischen Forderungen, die diesbezüglich regelmäßig als vermeintliche Allheilmittel in den Raum geworfen werden, ohne die Auswirkungen auf den Vertrieb und die Refinanzierung von kreativen Inhalten – und damit langfristig auf die kulturelle Vielfalt in Europa – zu berücksichtigen.
Hindernisse beseitigen, um Angebote schaffen zu können
Der grenzüberschreitende Zugang zu kreativen Inhalten kann und muss verbessert werden. Bei der Weiterentwicklung des digitalen Binnenmarkts sollte es jedoch letztlich darum gehen, Hindernisse zu beseitigen, um europaweite Angebote schaffen zu können – und nicht darum, bestimmte Angebote gesetzlich zu erzwingen.