Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann MdB im Interview

Akten mit Musik

Dr. Marco Buschmann (FDP) ist neuer Bundesjustizminister. Verwertungsgesellschaften, sagt er, werden in Zukunft eine wichtige Rolle spielen, um die Interessen der Rechteinhaber in einer digitalen Welt praktisch durchzusetzen.

Herr Buschmann Teenagerjahre sind für den Musikgeschmack oft Zeiten der Entdeckung und nicht selten prägend. Ihre fallen in den Anfang bis zur Mitte der 90er, der Hip-Hop wurde salonfähig und deutsche Bands wie die “Prinzen” produzierten große Hits. Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten selbst gekauften Tonträger, Ihr erstes Konzert?

Beim ersten Konzert, das ich mit Freunden besucht habe, spielten Portishead in der Düsseldorfer Tonhalle. Das waren Wegbereiter des Bristolsound. Die ersten CDs, das waren die Tonträger meiner Jugend, stammten von Kraftwerk, Jan Hammer, Vangelis und Jean-Michel Jarre – sprich Künstlern, die sehr intensiv mit elektronischen Instrumenten gearbeitet haben.

Kein Interview seit Ihrem Amtsantritt, in dem Sie nicht auch zu Musik befragt werden. Das freut uns natürlich, wir wussten allerdings, dass bereits in Ihrem Büro als Bundesgeschäftsführer in der FDP-Parteizentrale ein Synthesizer stand, an dem Sie abends nach Büroschluss Elektrosounds à la Kraftwerk komponiert haben. Ist er mit umgezogen ins Ministerbüro oder anders gefragt: Wann und wie kommt Musik in Ihrem Alltag vor?

Mein Synthesizer ist tatsächlich mit umgezogen. Ich habe auch ein Paar KRK Rokit 5 Aktivboxen im Büro. Wenn ich ein bis zwei Stunden am Stück Akten bearbeite, höre ich gerne Musik dazu. Wenn meine Zeit es zulässt, mache ich ab und zu mit Logic Pro X Musik. Aber das ist leider selten geworden.

Die Deutschen vervielfältigen Musik, Filme, geschützte Bilder und sonstige Medieninhalte auf verschiedensten Wegen und mehr als je zuvor. Die legale Möglichkeit, urheberrechtlich geschützte Inhalte privat zu vervielfältigen, über diverse Geräte zu nutzen und im privaten Raum zu teilen, zum Beispiel im Bereich der Cloud oder von Messengerdiensten, schafft für die Verbraucher einen persönlichen Freiheitsraum. Die bestehenden gesetzlichen Regelungen decken diese modernen Nutzungsformen bislang nicht ab, darüber wird schon länger diskutiert. Gleichzeitig steigt die Herausforderung, den Schutz der Urheberrechte in einem wachsenden globalen digitalen Markt zu sichern. Wo werden Sie hier in der kommenden Legislaturperiode Prioritäten setzen, etwa beim Thema Privatkopie? Welche Schritte wären aus Ihrer Sicht als nächstes notwendig?

Das Urheberrecht ist durch die Digitalisierung und das Internet zu einer Querschnittsmaterie mit zentraler Bedeutung auch für unseren Alltag geworden. Viele Inhalte, die heute in digitaler Form verfügbar sind, sind urheberrechtlich geschützt – nicht nur Musik, sondern auch Texte, Bilder, Filme oder Software. Der Interessenausgleich zwischen Kreativen, Verwertern, Plattformen und Nutzern ist immer herausfordernd und umkämpft. Zuletzt haben wir das bei der Richtlinie über das Urheberrecht im Digitalen Binnenmarkt erlebt. Verwertungsgesellschaften werden auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen, um die Interessen der Rechteinhaber auch praktisch durchzusetzen.

Wir werden genau beobachten, wie sich die deutsche Umsetzung bewährt, die in der letzten Legislaturperiode beschlossen wurde. Besonders kritisch werden wir auch auf mögliche Beeinträchtigungen der Meinungs- und Informationsfreiheit im Netz schauen. Auch steht das letzte Wort des EuGH zur urheberrechtlichen Plattformregulierung ja noch aus: Wir erwarten demnächst die Entscheidung des Gerichtshofs zur Klage Polens gegen Artikel 17 der erwähnten DSM-Richtlinie – also der unionsrechtlichen Grundlage für das deutsche Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz – über das in der Vergangenheit so heftig gestritten wurde.

Wo sehen Sie als Bundesjustizminister grundsätzlich Schwerpunkte Ihres Hauses in den nächsten vier Jahren?

Ein Schwerpunkt meiner Tätigkeit wird die grundlegende Modernisierung des Familienrechts sein, so dass es endlich den vielfältigen familiären Lebenswirklichkeiten unserer Zeit Rechnung trägt. Daneben wollen wir die Bürgerrechte stärken. Als eines der ersten Projekte möchte ich daher mit meiner Kollegin Nancy Faeser eine Überwachungsgesamtrechnung auf den Weg bringen. Und wir wollen die Sicherheitsgesetze unabhängig wissenschaftlich evaluieren lassen. Besonders am Herzen liegt mir auch die Digitalisierung der Justiz voranzutreiben. Zum Beispiel wollen wir den Einsatz von Videoverhandlungen ausbauen und so Prozesse effizienter machen. Für den Bereich des Urheberrechts werden wir in Kürze dem Deutschen Bundestag den Evaluierungsbericht zur Reform des Bildungs- und Wissenschafts-Urheberrechts im Jahr 2017 vorlegen. Der Koalitionsvertrag sieht zudem faire Rahmenbedingungen für das E-Lending vor – also für die Bereitstellung von E-Books durch öffentliche Bibliotheken. Das ist ein Thema, das die Bibliotheken, die Autoren und Verlage seit vielen Jahren umtreibt. Im Übrigen prüfen wir derzeit, welche weiteren Projekte wir in Angriff nehmen sollten, um das Urheberrecht fit für die Zukunft zu machen.

 


 

Erschienen in “virtuos”, Das Mitglieder-Magazin der GEMA I/2022

Interview: Annette Therese Jäger

 

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