Gipfeltreffen der Musikszene im „Parliament of Pop“

Gastkommentar von Europaabgeordneten Hannes Heide

Kürzlich feierte das „Parliament of Pop“ in Brüssel seine Premiere – ein neues Forum, das die europäische Musikszene unmittelbar mit der Politik vernetzt. Aus mehr als 20 Ländern kamen Musikschaffende, Promoter, Veranstalter und Branchenvertreter zusammen und diskutierten mit Abgeordneten über die drängendsten Herausforderungen der Musikindustrie. Als Co-Initiator dieser Veranstaltung und als Kultursprecher der sozialdemokratischen Fraktion ist es mir wichtig, die prekäre Lage der Kreativszene sichtbar zu machen. KI-Popstars, überhöhte Ticketpreise am Zweitmarkt, die Vormachtstellung großer Streamingdienste und Einschränkungen künstlerischer Freiheit machen große Probleme. Es wird Zeit, dass wir diesen Entwicklungen nicht mehr hinterherhinken, sondern aktiv für den Schutz der Künstlerinnen und Künstler in Europa eintreten.

Neue EU-Initiative für Kreative

Die europäische Musikbranche ist nicht nur äußerst vielfältig, sondern auch wirtschaftlich bedeutend. Sie ist für rund ein Fünftel der globalen Einnahmen verantwortlich und zeigte sich im vergangenen Jahr mit einem Wachstum von neun Prozent bemerkenswert inflationsresistent. Die Debatte im Parlament verdeutlichte erneut, wie stark sich die Rahmenbedingungen für Interpretinnen und Interpreten zuletzt verändert haben. Hinter den positiven Zahlen stehen viele Künstlerinnen und Künstler unter massivem Druck, weil Streamingplattformen oft nur Cent-Beträge zahlen und europäische Musik insgesamt marginalisieren. Besonders in der Filmmusik häufen sich Buy-out-Verträge, bei denen Musikerinnen und Musiker lediglich ein einmaliges Honorar erhalten und sämtliche Rechte abgeben müssen. Genau gegen diese bedenklichen Praktiken richtet sich der neue Europäische Kulturkompass. EU-Kommissar Glenn Micallef hat kürzlich den strategischen Rahmen präsentiert, der Kultur ins Zentrum europäischer Politik rückt. Damit wird Kultur nicht nur fest im nächsten EU-Haushalt verankert, sondern die Arbeitsbedingungen von Künstlerinnen und Künstlern sollen mit der „Artists’ Charter“ europaweit eine sichere rechtliche und faire Grundlage erhalten.

Das soll den Ticketverkauf revolutionieren

Besonders kritisch wurden beim ersten „Parliament of Pop“ die Herausforderungen im Ticketvertrieb angesprochen. Die Dominanz zweier großer Ticketanbieter in Europa führt zu intransparenten Gebühren und dazu, dass viele Musikerinnen und Musiker nur einen kleinen Teil der Einnahmen ihrer eigenen Konzerte erhalten. Der unkontrollierte Weiterverkauf zu Wucherpreisen verschärft die Situation zusätzlich und trifft insbesondere Nachwuchstalente und ihre Fans. Entsprechend laut sind die Forderungen nach politischen Maßnahmen und einer besseren Regulierung des Marktes. Die britische Regierung macht vor, wie das aussehen kann. Nach öffentlichen Forderungen internationaler Stars wie Dua Lipa, Coldplay und Radiohead kündigt die Labour Regierung an, den gewinnorientierten Weiterverkauf von Konzert- und Veranstaltungstickets zu verbieten. Niemand darf künftig mehr verlangen, als er ursprünglich bezahlt hat. Ich werde mich im Europäischen Parlament für eine ähnliche Reglementierung des Ticketsystems einsetzen, die den massenhaften Aufkauf von Tickets unterbindet, Fake-Angebote bekämpft und Plattformen konsequent in die Verantwortung nimmt.

Faire Regeln für KI-Systeme

Das „Parliament of Pop“ hat gezeigt, wie wichtig der direkte Austausch zwischen Politik und Kreativszene ist. Nach dem großen Erfolg im November soll das es im nächsten Jahr in die zweite Runde gehen. Denn nur gemeinsam können wir ein europäisches Musikökosystem schaffen, das Kreativität und Urheberrecht auch im Zeitalter künstlicher Intelligenz schützt, Vielfalt fördert und Künstlerinnen und Künstlern jene Wertschätzung zukommen lässt, die sie verdienen. Ein starkes Signal in diese Richtung war auch der jüngste GEMA-Erfolg vor dem Landgericht München: Das noch nicht rechtskräftige Urteil besagt, dass Liedtexte und Musik nicht ohne Genehmigung der Urheberinnen und Urheber für das Training von OpenAI- Modellen, wie ChatGPT, genutzt werden dürfen. Den Schutz kreativer Werke und einen verantwortungsvoller Einsatz von KI soll auch die Europäische KI-Verordnung sichern. Teileweise ist diese mit dem Verbot riskanter KI-Anwendungen bereits seit Februar wirksam, die restliche Umsetzung wird in den Mitgliedsländern im August 2026 starten. Dem stetigen Druck von US-Konzernen und der amerikanischen Regierung gegen diese Leitlinien darf Europas Politik deshalb keinesfalls nachgeben.

Hannes Heide ist Co-Initiator des „Parliament of Pop“ und Kultursprecher der sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament.

Gruppenfoto: Kevin Winiker Photostudio Ottensen

 

 

 

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