Die Politik in der Corona-Krise – Rainer Wieland, Vizepräsident des Europäischen Parlaments
Das Team der Politischen Kommunikation der GEMA hat Politikerinnen und Politiker aus Bund, Ländern und Europa nach Maßnahmen gefragt, wie Kunst und Kultur langfristig wieder eine Perspektive gegeben werden kann. Aber auch, wie Kultur ihnen persönlich hilft.
Rainer Wieland (CDU), Vizepräsident des Europäischen Parlaments
1. Die Absage von Veranstaltungen betrifft viele Kreative wirtschaftlich besonders hart. Was kann die EU tun, um der Kultur- und Kreativwirtschaft langfristig wieder eine Perspektive zu geben?
Unter den Solo-Selbstständigen, Freiberuflern und kleinen Unternehmen hat die Pandemie den Bereich von Kunst und Kultur besonders hart getroffen. Es gibt bereits EU-Maßnahmen zur Unterstützung von Kulturschaffenden, jedoch ist der Einflussbereich der EU hier insgesamt begrenzt.
Das Europäische Parlament anerkennt und unterstützt den Wert der Kulturschaffenden für unsere Gesellschaft. Der Kulturausschuss innerhalb des Europäischen Parlaments tritt dafür ein, dass die EU spezifische Hilfen bereitstellt, etwa durch das Programm Kreatives Europa, für das Mittel aufgestockt werden sollen, oder durch ein Finanzinstrument das im Rahmen des Europäischen Investitionsfonds geschaffen werden soll.
2. Welche kulturellen Inhalte haben Ihnen in den letzten Monaten Kraft gegeben?
Hörbücher, zuletzt:
- Ken Follet: „Die Leopardin“
- Sebastian Haffner: „Anmerkungen zu Hitler“
- Jost Kaiser: „Typisch Helmut Schmidt“
- Timur Vermes: „Er ist wieder da“
3. Wie werden die jüngsten Entwicklungen Ihre zukünftige Arbeit verändern?
Im Blick auf die Antwort zu 4.) werden Politik und Wirtschaft vielfältiger und interaktiver in der Kommunikation, gründlicher und schneller in der Vorbereitung und belastbarerer in der Entscheidung werden. Bezogen auf meine Arbeit im Präsidium des Parlaments sehe ich, dass COVID-19 vielleicht erst in der Rückschau als gewaltiger „Gamechanger“ am Beginn des 3. Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts für die Dynamik von Entscheidungen sichtbar sein wird; bezogen auf meinen engeren Geschäftsbereich Gebäudepolitik sehe ich, dass die Weltarchitektur, etwa im Blick auf Gebäudebelüftung und Personentransport innerhalb von Gebäuden sich genauso verändern wird, wie Prozessabläufe im Geschäftsbetrieb, etwa im Blick auf Homeoffice, Flächenbedarf und interaktive Entscheidungsvorbereitung.
4. Videokonferenzen sind…
…durch die Krise sowohl kundenseitig im Blick auf die Akzeptanz, als auch anbieterseitig in Gestalt eines technischen Schubs gewaltig vorangebracht worden und werden bleiben – vielleicht nicht als Format, das Menschen für schwierige Verhandlungen zusammenbringt und die notwendige Dynamik für Durchbrüche ermöglicht, aber als Format das terminlich vielbeanspruchten Menschen, die sich kennen, unkomplizierte, effiziente und kosten- , zeit- und umweltschonende Kommunikation zur Koordination auf Augenhöhe ermöglicht.
Foto: © Chaperon