MIDEM im Juni

MIDEM in Cannes, vom 5. bis 8. Juni, insgesamt zum 49. Mal. Aber nicht mehr im Januar/Februar, sondern erstmals – wie es die Veranstalter nennen – zum „sonnigen Termin im Juni“. Neben der sommerlichen Anmutung soll die „neue“ MIDEM in Zusammenarbeit mit den internationalen Musikexportbüros verstärkt als Vermarktungsplattform für Musikschaffende ausgebaut werden. Aktuelle Zahlen sprechen für eine solche Strategie: Die Kultur- und Kreativwirtschaft ist schon jetzt drittgrößter Arbeitgeber in Europa und dabei für junge Menschen besonders attraktiv. Der Umsatz pro Jahr liegt bei rund 540 Milliarden Euro. Zuletzt ist die Branche selbst in wirtschaftlich schwierigen Zeiten (zwischen 2008 und 2012) gegen den europäischen Trend gewachsen. Die Zahlen stammen aus der Studie „Wachstum schaffen – Erfassung der Märkte der Kultur- und Kreativwirtschaft in der EU“ der Beratungsgesellschaft EY vom Dezember 2014.

Entspannte MIDEM

Ein Jahr vor dem 50-jährigen Jubiläum war Armenien MIDEM-Partnerland, so genanntes „country of honour“. Immerhin: Bei rund drei Millionen Einwohnern ist das kleine Land stolz darauf, dass viele bekannte Musiker und Künstler armenische Wurzeln haben. So zum Beispiel Charles Aznavour, die armenisch-amerikanische Rockband System of a Downoder die Komponisten Michel Legrand und Michel Petrossian. Der armenische Stand auf der MIDEM befand sich zwischen dem deutschen Gemeinschaftsstand und dem Messeauftritt der Schweiz und bot einen breiten Überblick über Musik und Kultur.

Heißer Herbst

Viele Gespräche der drei Länder wurden auf dem gemeinsamen Außenbereich geführt, mit Blick über den Hafen und bis ca. 17 Uhr erfreulicherweise im Schatten. Insgesamt ging es sehr entspannt zu bei der MIDEM, das stimmt. Schwer zu sagen, ob es an der Zahl der Teilnehmer lag oder am sommerlichen Flair (besser gesagt an der Hitze). Wärmer als die Jahre zuvor im Januar war es allemal aber kein Vergleich zum – politisch gesehen – bevorstehenden “heißen Herbst” in Berlin und Brüssel. Dieser wurde beim traditionellen Empfang auf dem deutschen Gemeinschaftsstand vom Deutschen Musikverlegerverband und der GEMA angekündigt. Denn ab September stehen gleich drei Urheberrechtsthemen ganz oben auf der politischen Agenda.

Umsetzung der EU-Richtlinie für Verwertungsgesellschaften in nationales Recht

Im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz scheinen die ersten Arbeiten dazu weitestgehend abgeschlossen zu sein. Wie bereits mehrfach zu hören war, soll der Referentenentwurf des dann neuen „Verwertungsgesellschaftsgesetzes“ spätestens bis Ende Juni veröffentlicht werden, also sehr bald. Es geht darum, im Rahmen der Umsetzung der EU-Richtlinie die kollektive Rechtewahrnehmung zu stärken und dafür zu sorgen, dass europaweit einheitliche Mindeststandards eingeführt werden.

Providerhaftung

Ein weiteres Thema ist die Providerhaftung bzw. die Haftungsbefreiung von so genannten Host-Providern. Die Regierungsfraktionen haben sich im Koalitionsvertrag vorgenommen, die…

„Rechtsdurchsetzung insbesondere gegenüber Plattformen zu verbessern, deren Geschäftsmodell im Wesentlichen auf der Verletzung von Urheberrechten aufbaut. Wir werden dafür sorgen, dass sich solche Diensteanbieter nicht länger auf das Haftungsprivileg, das sie als sogenannte Hostprovider genießen, zurückziehen können und insbesondere keine Werbeeinnahmen mehr erhalten.“

Deshalb sind Änderungen im Telemediengesetz von zentraler Bedeutung für die Urheber. Ein Referentenentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums liegt bereits vor – ebenfalls die Stellungnahmen der Verbände und Organisationen und die Stellungnahme der GEMA.

EU-Strategie für den digitalen Binnenmarkt

Aus Brüssel kommt die neue EU-Strategie für den digitalen Binnenmarkt. Das Anfang Mai von der Kommission vorgestellte Paket umfasst 16 Maßnahmen, darunter die Modernisierung des EU-Urheberrechtsrahmens. Die Kommission will den grenzüberschreitenden Zugang zu kreativen Inhalten für Verbraucher verbessern und gleichzeitig eine „faire Vergütung“ von Urhebern sicherstellen. Kommissar Oettinger möchte im Herbst einen konkreten Vorschlag präsentieren. In diesem Prozess will die Kommission ebenfalls die Verantwortlichkeit von Online-Plattformen in der digitalen Wertschöpfungskette in den Blick nehmen. In der digitalen Welt wird mit kreativen Inhalten eine Wertschöpfung erzielt. Wirtschaftlich profitieren bisher vor allem Plattformbetreiber, die sich unter Berufung auf Haftungsprivilegierungen ihrer Verantwortung entziehen, die Urheber angemessen für die Nutzung ihrer Werke zu entlohnen. Gleichzeitig treten diese Plattformbetreiber in Konkurrenz zu lizenzierten Inhalteanbietern, wodurch die weitere Entwicklung eines von kultureller Vielfalt und fairem Wettbewerb geprägten digitalen Binnenmarkts für kreative Inhalte erheblich behindert wird. Die Kommission beschreibt diese Problematik zutreffend als transfer of value – ein Wertetransfer von Kreativschaffenden zu Plattformbetreibern. Dies hat der Vizepräsident der Europäischen Kommission und Kommissar für den digitalen Binnenmarkt Andrus Ansip u.a. auf der MIDEM betont und getwittert. Diese Überlegungen spielen hoffentlich spätestens im Herbst in Berlin bei der Debatte zum Telemedienänderungsgesetz/Providerhaftung eine Rolle.

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