Thema “Uploadfilter”

Die Debatte um die geplante EU-Urheberrechtsrichtlinie dreht sich um das Thema “Uploadfilter”. Was sich aus Artikel 13 wirklich ergibt.

Kritik: Alle Internetseiten und Apps müssen von Nutzern hochgeladene Inhalte auf Urheberrechtsverletzungen prüfen. Die EU-Urheberrechtsrichtlinie schreibt “Uploadfilter” vor.

  • Artikel 13 gilt nur für die großen kommerziellen User Uploaded Content-Plattformen und nicht für „praktisch alle[n] Plattformen, die Nutzerinhalte hosten“.
    • Die Regelung im Richtlinienentwurf bleibt damit sogar hinter der geltenden Rechtslage im deutschen Recht zurück: Nach der aktuellen deutschen Rechtsprechung ist der Einsatz von Filtermaßnahmen unterschiedslos für alle Internetdienste verpflichtend, insbesondere unabhängig von der Größe des Dienstes und unabhängig davon, ob der Diensteanbieter die hochgeladenen Inhalte strukturiert und fördert.
    • Die Richtlinie sieht hingegen eine entsprechende Verpflichtung nur für Dienste ab einer bestimmten Größe vor und verlangt eine Strukturierung und Förderung der Inhalte (vgl. Artikel 2 (5)); darüber hinaus nimmt sie Start-Ups aus (Ausnahme in Artikel 13 (4aa)). Damit bleibt die Richtlinie in ihrem Anwendungsbereich weit hinter geltendem deutschen Recht zurück.
  • Artikel 13 sieht keine Pflicht zum Einsatz von „Upload-Filtern“ vor. Der Begriff „Upload-Filter“ kommt in der Richtlinie überhaupt nicht vor. Richtig ist, dass die Online-Plattformen nicht-lizenzierte Inhalte, die von den entsprechenden Rechteinhabern gemeldet werden, dauerhaft von der Plattform entfernen sollen. Ein bestimmtes Verfahren wird jedoch nicht vorgegeben, und die Anforderungen an die Plattformen sind nach Artikel 13 (4a) am Prinzip der Verhältnismäßigkeit zu messen. Neben der Art und der Größe des Dienstes sind dabei auch die Kosten bestimmter Maßnahmen zu berücksichtigen. Darüber hinaus müssen eventuelle Löschungen oder Sperrungen immer „von einem Menschen“ („human review“) geprüft werden.
  • Damit besteht auch keine Pflicht von Nutzerinnen und Nutzern hochgeladene Inhalte generell „auf Urheberrechtsverletzungen zu prüfen“: Die Plattform muss nicht jede Urheberrechtsverletzung erkennen, sondern nur solche Werke auf der Plattform finden und entfernen, die ihr die Rechteinhaber gemeldet haben und die nicht lizenziert wurden.
  • Vorrangiges Ziel von Artikel 13 ist der Abschluss von Lizenzverträgen, um die Partizipation der Kreativen an der Verwertung ihrer Inhalte sicherzustellen – und nicht die Sperrung von Inhalten.
    • Die am meisten nachgefragten Inhalte, wie z.B. Musik oder Bildrechte, können dabei über entsprechende Rahmenverträge oder den Erwerb von Blankettlizenzen, insbesondere über Verwertungsgesellschaften, einfach von den Rechteinhabern lizenziert werden. Dies sorgt auf Seiten der Plattform und ihrer Nutzer für Rechtssicherheit, ohne dass jeder einzelne Inhalt vor dem Upload lizenziert werden muss.

 

Kritik: Artikel 13 richtet sich gegen Memes, YouTube-Videos, Remixe und Parodien und verhindert die freie Meinungsäußerung.

  • Artikel 13 sieht keine Pflicht zum Einsatz von „Upload-Filtern“ vor (s.o.).
  • Artikel 13 richtet sich auch nicht gegen „netzkulturelle Phänomene, gegen Meme, Youtube-Videos, Remixe und all den Spaß, den viele so lieben“. Die Richtlinie wird vielmehr erstmals für Rechtssicherheit auf Seiten der User sorgen:
    • Bei den von Artikel 13 betroffenen großen kommerziellen User Uploaded Content-Plattformen wie YouTube sieht die Regelung ausdrücklich vor, dass Lizenzvereinbarungen der Plattformen auch die Handlungen der User umfassen sollen:
      • Die Richtlinie unterscheidet hier: Für nicht-kommerzielle User und solche User, deren Content keinen nennenswerten Umsatz schafft, deckt die Plattform-Lizenz die Urheberrechtsnutzung dieser User automatisch ab, Artikel 13 (2).
      • Kommerzielle Kanäle und solche mit nennenswertem Umsatz könnten weiterhin eigene Lizenzen erwerben müssen, wenn sie vom Lizenzvertrag der Plattform mit den Rechteinhabern nicht abgedeckt sind.
    • Die Nutzer der Plattformen werden also diesbezüglich von der Haftung befreit und können Inhalte legal und ohne weitere Lizenzierung auf die Plattform hochladen. Insofern bedeutet Artikel 13 für die Nutzer der Plattformen eine deutliche Verbesserung: Bisher wälzen User Uploaded Content-Plattformen jegliche Verantwortung für die Klärung von Urheberrechten auf ihre Nutzer ab.
  • Was darüber hinaus häufig vergessen wird: Bei der Erstellung von „User Generated Content“ wie Memes und Gifs müssen auch jetzt schon urheberrechtliche Regelungen respektiert werden. Solche Inhalte fallen meist unter urheberrechtliche Ausnahmen für Parodien oder Zitate – auch insofern sorgt die Richtlinie aber für zusätzliche Rechtssicherheit bei den Usern:
    • Artikel 13 (5) stellt nun ausdrücklich klar, dass Nutzern in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Möglichkeit gegeben werden muss, sich auf Schrankenregelungen zu berufen, die Zitate zu Zwecken wie Kritik oder Rezension und Karikaturen, Parodien oder Pastiches erlauben – die Position der Nutzer wird damit im Bereich kreativer UGC-Inhalte maßgeblich gestärkt und Rechtssicherheit für die User geschaffen.
    • Soweit entsprechende Schrankenregelungen in einzelnen Mitgliedstaaten bisher nicht in das nationale Recht umgesetzt waren, sorgt Artikel 13 in diesem Bereich also für eine spürbare Verbesserung.  Das deutsche Urhebergesetz etwa kennt bisher keine ausdrückliche Schranke für Karikaturen, Parodien oder Pastiches.
  • Im Übrigen:
    • Filter kommen – unabhängig von dem Richtlinienentwurf – bereits heute auf allen großen Plattformen wie YouTube oder Facebook umfangreich zum Einsatz – dies hat bislang nicht zum „Aussterben“ von UGC-Inhalten wie Memes oder Gifs geführt.
    • Dass Inhalte gelöscht werden, die eigentlich legal sind, kann aufgrund der bereits eingesetzten Filter auch heute schon passieren – Artikel 13 (5) sagt nun klar, dass die Maßnahmen der Plattforen rechtmäßige Inhalte nicht beeinträchtigen dürfen.
    • Die Plattformen sind zudem nach Artikel 13.8. verpflichtet, ihren Nutzern effektive und schnelle Beschwerde- und Abhilfeverfahren („effective and expeditious complaints and redress mechanisms“) zur Verfügung zu stellen. Entsprechende Möglichkeiten haben die Nutzer bei vielen Plattformen bisher häufig nicht – auch insofern bedeutet Artikel 13 für die Nutzer der Plattformen eine deutliche Verbesserung, denn sie können den Plattformen gegenüber durchsetzen, dass ein legaler Upload nicht verhindert wird. Eventuelle Löschungen oder Sperrungen müssen zudem immer „von einem Menschen“ („human review“) geprüft werden.


Kritik: Artikel 13 benachteiligt Startups und stärkt die Macht der großen Konzerne.

  • Um kein Ungleichgewicht zugunsten großer Konzerne zu verursachen, müssen kleinere Plattformen bei der Verhinderung zukünftiger Rechtsverletzungen nur das unternehmen, was ihnen technisch und finanziell zumutbar ist, denn die Anforderungen an die Plattformen sind nach Artikel 13 (4a) am Prinzip der Verhältnismäßigkeit zu messen.
  • Start-Ups (d.h. Anbieter, die neu auf den Markt kommen) werden in den ersten drei Jahren ihrer Präsenz in Mitgliedstaaten der Europäischen Union durch Artikel 13 (4aa) privilegiert, solange ihr Jahresumsatz 10 Millionen Euro nicht übersteigt. Erst wenn die Plattformen solcher Anbieter im Durchschnitt monatlich mehr als 5 Millionen individuelle Besucher verzeichnen können, müssen auch sie bestmögliche Anstrengungen („best efforts“) unternehmen, um nicht-lizenzierte Inhalte, über die sie von den entsprechenden Rechteinhabern informiert werden, dauerhaft von ihrer Plattform zu entfernen.

 

Kritik: Von der Urheberrechtsreform profitieren nur die Verwerter. Anstatt die Urheber zu schützen, werden sie in ihrer Arbeit behindert.

Urheberinnen und Urheber, aber auch Leistungsschutzberechtigte profitieren unmittelbar von der Richtlinie, und insb. auch von der in Art. 13 getroffenen Regelung:

  • Artikel 13 sieht keine Pflicht zum Einsatz von „Upload-Filtern“ vor (s.o.). Vorrangiges Ziel von Artikel 13 ist der Abschluss von Lizenzverträgen, um die Partizipation der Kreativen an der Verwertung ihrer Inhalte sicherzustellen – und nicht die Sperrung von Inhalten.
  • Die Lizenzierung der über die Plattformen verbreiteten Inhalte wird endlich für einen fairen Ausgleich zwischen Rechteinhabern und Plattformen sorgen und damit den bestehenden Value Gap schließen. Darüber hinaus führen solche Lizenzvereinbarungen dazu, dass die User urheberrechtlich geschützte Werke legal und ohne weitere Lizenzierung auf die Plattformen hochladen können (s.o.).

 

Kritik: Kleine Plattformen haften für den Inhalt der Nutzer. Technisch können kleine Plattformen die Prüfung der massenhaft von Nutzern hochgeladenen, geschützten Inhalte aber nicht stemmen. Daher werden die kleinen Plattformen “Filter” von den großen einkaufen müssen. Aus diesem Grunde nutzt die Urheberrechtsreform letztendlich den Großen und schadet den Kleinen.

  • Die Regelungen in Artikel 13 zielen auf große kommerzielle User Uploaded Content – Plattformen wie YouTube ab, die aus der Verbreitung urheberrechtlich geschützter Inhalte Dritter einen wirtschaftlichen Nutzen ziehen. Artikel 2 (5) definiert, welche „online content sharing service provider“ unter Artikel 13 fallen. Die Definition erfasst kommerzielle Anbieter, deren „Hauptzweck“ darin besteht, große Mengen urheberrechtlich geschützter Werke öffentlich zugänglich zu machen, die zwar von Nutzern der Plattform hochgeladen, aber von der Plattform selbst organisiert und beworben werden („service whose main or one of the main purposes is to store and give the public access to a large amount of copyright protected works […] uploaded by its users which it organises and promotes for profit-making purposes“). Vereinfacht gesagt: Es geht um große kommerzielle User Uploaded Content-Plattformen, die Geld mit urheberrechtlich geschützten Inhalten Dritter verdienen.
  • Nach Artikel 13 (4) werden Plattformen nur zu „best efforts“ verpflichtet – was ihnen im Einzelnen zumutbar ist, wird in Abhängigkeit von Größe und Art der Plattform, der verbreiteten Inhalte und der Kosten nach dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit ermittelt (Artikel 13 (4a)).  Insofern besteht keine Gefahr, dass „kleinere Plattformen können den technischen Aufwand für derartige Filter gar nicht leisten“ können.
  • Außerdem bezieht sich die stay-down-Verpflichtung nur auf diejenigen Inhalte, die von Rechteinhabern ausdrücklich gemeldet werden – und nicht auf sämtliche „urheberrechtlich geschützten Werke. Ein bestimmtes Verfahren wird dafür nicht vorgegeben. Und gibt es keine Meldung verletzender Inhalte, so muss die Plattform gar nichts unternehmen.
  • Damit bleibt Artikel 13 sogar hinter der deutschen Rechtsprechung zurück, die im Rahmen der Störerhaftung den Plattformen bereits jetzt den Einsatz bestimmter Filtertechniken vorschreibt.

 

Kritik: Artikel 13 führt zu unbeabsichtigten Sperrungen.

  • Die Regelungen in Artikel 13 zielen primär nicht auf eine Sperrung von Inhalten, sondern darauf ab, dass mehr Lizenzvereinbarungen abgeschlossen werden. In der Praxis führen Lizenzvereinbarungen dazu, dass die User urheberrechtlich geschützte Werke legal und ohne Angst vor Sperrungen auf die Plattformen hochladen können und die Kreativen eine angemessene Vergütung für die Nutzung ihrer Werke erhalten.
  • Filter kommen – unabhängig von dem Richtlinienentwurf – bereits heute auf allen großen Plattformen wie YouTube oder Facebook umfangreich zum Einsatz. Dass Inhalte gelöscht werden, die eigentlich legal sind, kann aufgrund der bereits eingesetzten Filter daher auch heute schon passieren – Artikel 13 (5) sagt aber nun klar, dass die Maßnahmen der Plattforen rechtmäßige Inhalte nicht beeinträchtigen dürfen.
  • Darüber hinaus bezieht sich die stay-down-Verpflichtung nur auf diejenigen Inhalte, die der Plattform von Rechteinhabern ausdrücklich gemeldet werden.
  • Die Plattformen sind zudem nach Artikel 13.8. verpflichtet, ihren Nutzern effektive und schnelle Beschwerde- und Abhilfeverfahren („effective and expeditious complaints and redress mechanisms“) zur Verfügung zu stellen. Entsprechende Möglichkeiten haben die Nutzer bei vielen Plattformen bisher häufig nicht – auch insofern bedeutet Artikel 13 für die Nutzer der Plattformen eine deutliche Verbesserung, denn sie können den Plattformen gegenüber durchsetzen, dass ein legaler Upload nicht verhindert wird. Eventuelle Löschungen oder Sperrungen müssen zudem immer „von einem Menschen“ („human review“) geprüft werden.

 

Kritik: Artikel 13 gefährdet die Meinungs- und Pressefreiheit.

  • Artikel 13 sieht keine Pflicht zum Einsatz von „Upload-Filtern“ vor (s.o.). Vorrangiges Ziel von Artikel 13 ist der Abschluss von Lizenzverträgen, um die Partizipation der Kreativen an der Verwertung ihrer Inhalte sicherzustellen – und nicht die Sperrung von Inhalten.
  • Filter kommen – unabhängig von dem Richtlinienentwurf – bereits heute auf allen großen Plattformen wie YouTube oder Facebook umfangreich zum Einsatz. Dass Inhalte gelöscht werden, die eigentlich legal sind, kann aufgrund der bereits eingesetzten Filter daher auch heute schon passieren – Artikel 13 (5) sagt aber nun klar, dass die Maßnahmen der Plattforen rechtmäßige Inhalte nicht beeinträchtigen dürfen.
  • Artikel 13 sorgt dabei gerade für „demokratische Kontrollmöglichkeiten, um Missbrauch zu verhindern“:
    • Die Plattformen sind nach Artikel 13.8. verpflichtet, ihren Nutzern effektive und schnelle Beschwerde- und Abhilfeverfahren („effective and expeditious complaints and redress mechanisms“) zur Verfügung zu stellen.
    • Entsprechende Möglichkeiten haben die Nutzer bei vielen Plattformen bisher häufig nicht – auch insofern bedeutet Artikel 13 für die Nutzer der Plattformen eine deutliche Verbesserung, denn sie können den Plattformen gegenüber durchsetzen, dass ein legaler Upload nicht verhindert wird.
    • Eventuelle Löschungen oder Sperrungen müssen zudem immer „von einem Menschen“ („human review“) geprüft werden.

 

Kritik: Die Urheberrechtsreform schafft neue Probleme, ohne ihr egentliches Ziel zu erreichen: Urheber werden für die Nutzung ihrer Werke auf Online-Plattformen nicht fair entlohnt.

Urheberinnen und Urheber, aber auch Leistungsschutzberechtigte profitieren unmittelbar von der Richtlinie, und insbesondere auch von der in Artikel 13 getroffenen Regelung:

  • Vorrangiges Ziel von Artikel 13 ist der Abschluss von Lizenzverträgen, um die Partizipation der Kreativen an der Verwertung ihrer Inhalte sicherzustellen – und nicht die Sperrung von Inhalten.
  • Die Lizenzierung der über die Plattformen verbreiteten Inhalte wird endlich für einen fairen Ausgleich zwischen Rechteinhabern und Plattformen sorgen und damit den bestehenden Value Gap schließen.

 

Artikel 13 – Fragen und Antworten

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